Der 10.3.1991 wird In die Geschichte der Rülzheimer Karnevalisten eingehen. An diesem denkwürdigen Tag schaffte die Stechergarde der Karnevalsgesellschaft Rot-Weiß - Die Stecher, das Unmögliche; sie wurde Deutscher Meister Im Karnevalistischen Tanzen, Disziplin Marschtanz in der Seniorenklasse.
Das eigentliche Herzstück jeder Meisterschaft ist unbestritten der Gardetanz der Senioren, somit ist die errungene Meisterschaft auch die begehrteste von allen.
Der Sonntag begann eigentlich eher trüb. In der Frühe bestiegen die Mädchen bei regnerischem Wetter den Bus. Die Schlachtenbummler, die das Glück hatten, im Bus noch einen Platz zu erwischen, zeigten wie die Mädchen auch eine -coole- Stimmung. Es wurden zwar die bisherigen Turniere gewonnen, aber der Schock von Münster war nicht vergessen. Im vorigen Jahr hatte die Stechergarde ebenfalls das Qualifikationsturnier in Ludwigshafen gewonnen, war ebenfalls Pfalzmeister geworden und damals hatte man noch „offiziell“ in Düren gewonnen. So war damals die Erwartungshaltung sehr groß und die Enttäuschung über den undankbaren 4. Platz unübersehbar. Deshalb ging man es In diesem Jahr vorsichtiger an. Keine überstiegenen Wünsche. Die sympathischen Mädchen, um Trainerin Karin Franck-Löhle, wollten möglichst aufs Siegerpodest, wenn dies nicht klappen sollte, so würde die Welt auch nicht untergehen.
So jedenfalls dachte man noch um 15.00 Uhr. Zu diesem Zeltpunkt hatte die Konkurrenz gerade begonnen. Natürlich zerrt ein solches Turnier an den Nerven, die eine schwirrte, noch da herum die andere mußte nochmal...
Die Garde aus Kaiserslautern war zuerst dran, Mannheim und Karlsruhe folgten. Welver und Reillingen sowie Bocholt, alles bekannte Namen Im Gardegeschäft. Aber die Wertungen waren noch nicht zu hoch.
Landau, Wiesenbach, dann kam mit Merzig, Saarland die erste ganz hohe Wertung: 435 Punkte war das Maß jetzt.
Die Fränkischen aus Hof waren die letzten vor Rülzheim! Die Konzentration war jetzt perfekt, die Motivation war bis zu den Fans zu spüren. Der Aufmarsch begann gewohnt zackig. Die Musik begann, nochmal eine Verbeugung zum Publikum, dann ging die Post ab. Ohne Fehl und Tadel die Schritte einmalig, die Haltung der jungen Damen. Oberzeugend die Choreografie, mit der der Tanz vorgetragen wurde. Vor allen Dingen sieht man bei den Rülzheimerinnen immer wieder ein rochieren der Positionen, denn kein Mädchen kann stur auf seinem Platz stehen, es müssen hunderte von Trainingsstunden dahinter stehen, wenn ein solch schwieriger Tanz sitzt. Während der gut fünf Minuten gab es nicht eine zehntel Sekunde Pause. Dem Standspagat folgt ein Beineschwingen und dann gleich wieder marsch in die neue Position.
Sprungspagat und sofort wieder neue Stellung. Ein Wirbelwind scheint ruhig dagegen. Trotz übermenschlicher Anstrengung bleiben die Mädchen ruhig und erwarten Ihre Punktewertung: 440 Punkte bis jetzt noch nicht erreicht. Man durfte mit der Jury zufrieden sein, die allgemein etwas knapp wertete. Aber kaum von der Bühne kam schon der amtierende Deutsche Meister aus Attendorn in Westfalen. Die -Regimentstöchter- zeigten in sportlicher Akrobatik zwar die gleiche Güte wie Rülzheim. Jedoch fehlte es Ihnen heute an Pfiff. Diese fehlende Zackigkeit wurde auch postwendend bestraft und man hatte schließlich 7. Punkte weniger als die Stecher. Der erste noch verhaltene Jubel aus Rülzheimer Ecke war zu hören. Aber dann kam noch Berlin, Esslingen und nochmals eine Garde aus Karlsruhe, welche die Rülzheimer Führung jedoch nicht streitig machen konnten. Aber Stuttgart war gefährlich. Blieb auch 1 Punkt unter Rülzheim. Die Spannung war nicht mehr zu ertragen. Nur noch Nürnberg und dann kam der Schocker aus dem Vorjahr. Damals hatte man sich schon auf dem Siegertreppchen gesehen, als noch die Westfallinnen aus Neuenkirchen kamen. Sollten sie auch diesmal wieder Rülzheim eins auswischen? Der Tanz war sehr gut. Eine hohe Wertung war zu erwarten. Jedoch ein Mädchen hatte deutlich gepatzt, würde es Rülzheim reichen? Die Jury wertete den Tanz der letzten Konkurrentinnen mit 435 Punkten. Das Unmögliche war geschehen - Rülzheim ist Deutscher Meister.
Der Jubel der jetzt ausbrach war unbeschreiblich. Freudentrännen nicht nur bei den Mädchen auch die große Fanschar umarmte sich und die Begeisterung erinnert an den Gewinn der Fußballweltmeisterschaft. Nur diese Freude ist persönlicher. Denn es waren die Freundinnen, die Töchter, die Enkelinnen, die da Rülzheims Farben vertreten haben. Noch geht es bei den Zuschauern nach dem bewundernden Beifall die Frage um, wo dieses Rülzheim liegt, aber schon morgen weiß ganz Karnevals-Deutschland, daß In der Südpfalz die beste Talentschmiede von der ganzen vereinigten Republik zu finden Ist.
Unter der Leitung der hervorragenden Trainerin, Karin Franck-Löhle wuchs in Rülzheim eine (Garde, die eigentlich erst vor 10 Jahren damit begann. Karnevalistische Tanzturniere zu besuchen. Die großen Erfolge stellten sich mit den Teilnahmen an den Deutschen Meisterschaften ein. Erstmals in Stuttgart 1985 wo bei einem 15. Platz noch viel Lehrgeld bezahlt werden mußte. Der qualitative Sprung wurde in Berlin mit dem 6. Platz geschafft. Das Folgejahr zeigte den weiteren Aufwärtstrend in Ludwigshafen, ein 5. Platz wurde ertanzt. Im westfälischen Münster sprang dann der 4. Platz heraus. Die Stecher waren schon wer. Aber jetzt, sind die Mädchen die Champions.
Mit ihrem natürlichen Charme zogen sie singend durch die Straßen von Mannheim. Bewundert, bestaunt und gefeiert Die profihafte Einstellung das dreimalige Training pro Woche hatte sich ausgezahlt, Das Trainerteam - Ehepaar Rudi Löhle und Karin Franck Löhle von der bekannten Tanzschule, dürfen stolz sein auf ihre Erfolge. Leider war es der Betreuerin Ursel Wolff aus beruflichen Gründen nicht möglich, dem größten Erfolg der Garde beizuwohnen. Dem langen Kampf nach Anerkennung, denn Gardetanz ist Spitzensport, folgen nun aber nicht das Ausruhen auf Lorbeeren, denn In der nächsten Woche geht es zu den Europameisterschaften nach Aschaffenburg. Dazu wünschen wir alles Gute.
Die Vorstandschaft der KGR ist mehr als glücklich in diesem Jahr, in dem keine Fastnacht sein konnte, die größten Erfolge in der Vereinsgeschichte zu haben. Denn erst vor einer Woche gewann Simone Ortega die Deutsche Meisterschaft, und Sandra Gundal die Vizemeisterschaft im Jugend-Tanzmariechentanz. Auch dazu gratuliert die Vorstandschaft recht herzlich und fühlt sich verpflichtet, die erfolgreiche Jugendarbeit fortzusetzen.